Hommage an einen Jubilar
Nordbayerischer Kurier • Freitag, 5. Mai 2000
Adam Fellegi spielte zum 300. Geburtstag des Hammerklaviers bei Steingraeber
BAYREUTH Von Dieter Weiss
In verschiedenen Veranstaltungen und Konzerten erinnert man sich in diesem
Jahr des 300. Geburtstages unseres Hammerklaviers. Darunter versteht man die
Pioniertat des Bartolomeo Christifori, in Florenz ein Cembalo statt mit den üblichen
Rabenkielen mit lederbezogenen Hämmerchen zu konstruieren und damit dem
Klang des Instrumentes einen großen Aufschwung zu verleihen.
So ließ es sich Udo Schmidt-Stein-graeber - unermüdlich tätig
- nicht nehmen, auch in seinem Hause eine kleine Geburtstagsfeier auszurichten.
Dem musikalischen Vortrag des ungarischen Pianisten Adam Fellegi schickte er
einige Gedanken zur Entwicklung des Instrumentes seit 1390 voraus, die durch
ihre präzise Sachkenntnis und plastische Formulierung das Interesse der
zahlreichen Hörer herausforderten.
Musikalischer Gruß
Schon beim Eintritt in den Rokokosaal wurden die Hörer musikalisch begrüßt:
Adam Fellegi schickte seinem Programm Schuberts Wanderer-Fantasie voraus und
schuf so eine ganz persönliche Einstimmung. Sein Programm begann er sodann
mit Johann Sebastian Bachs Chaconne d- Moll für Violine solo BWV1004 in
der Übertragung für die linke Hand allein von Johannes Brahms. Dieser
herrlichen Musik begegnet man leider nicht oft. Unter den verschiedenen Übertragungen
zeichnet sich die Brahmssche dadurch aus, dass sie die Töne um eine Oktave
nach unten versetzt und dadurch eine gravitätische Klangwirkung besonderer
Art erreicht; die Beschränkung auf die linke Hand verlangt vom Spieler
eine erhöhte Konzentration.
Große Umsicht
Den ungewöhnlichen Anforderungen dieses Stückes stellte sich Adam
Fellegi mit großer Umsicht und Ernsthaftigkeit. Er spielte an diesem
Nachmittag den Eduard-Steingraeber-Flügel von 1873, an dem bereits Franz
Liszt konzertierte. Von ihm brachte das Programm darauf die Variationen über
Bachs „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen" aus Kantate 12 (mit eben diesem
Titel) und der h-Moll-Messe. Das Bassmotiv der fallenden Quarte wurde zu allen
Zeiten gern angewandt und veranlasst auch bei Liszt erhebliche chromatische
Rückungen. Liszt komponierte dieses Stück 1863 in Rom für die
Orgel und bearbeitete es fast zu gleicher Zeit „frei" für Klavier,
hier mit erheblich gesteigerter Virtuosität. Liszt liebte solche Übertragungen
und sah in ihnen immer ein neues Stück.
Fellegi widmete sich dieser Interpretation mit viel Enthusiasmus und großer
Virtuosität, alle gebrochenen Akkordgänge brachte er mit stupender
Leichtigkeit, dem Forte stets etwas näher als möglichen Piano-Klängen;
durch seine flexible Pedaltechnik besserte er die Akustik des Raumes geschickt
auf.
Wieder bewährte sich das histori, sehe Instrument, der Stolz des Hausherrn,
in kraftvollen Akkordgängen ebenso wie in stilleren Piano-Partien. Zu
jedem seiner Programmstücke brachte Fellegi erfreulicherweise einige seiner
Gedanken zum Ausdruck.Für die abschließende Umgarische Rhapsodie
Nr. 12 gab er den Hinweis auf die ungarischen Zigeunerweisen und machte klar,
dass die drei gespielten Stücke seines konzentrierten Programmes die Charakterzüge
des großen Musikers zum Ausdruck bringen.
Herzlicher Beifall
Sehr herzlicher, lang anhaltender Beifall für diesen glänzenden
wie engagierten Pianisten. Doch eine Zugabe, meinte Adam Fellegi, wolle er
nicht geben, da käme er lieber einmal wieder nach Bayreuth mit einem Beethoven-Abend.
In der Tag: Ein Überangebot von Beethoven-Konzerten kann in unserer Stadt
von niemandem beklagt werden.'
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